Der pH-Wert bei der Geburt – Was er bedeutet und warum er wichtig ist

Der pH-Wert bei der Geburt – Was er bedeutet und warum er wichtig ist

Neben dem APGAR-Score wird nach jeder Geburt standardmäßig der pH-Wert des Nabelschnurbluts bestimmt. Dieser objektive Laborwert gibt Aufschluss darüber, wie gut das Baby während der Geburt mit Sauerstoff versorgt wurde. Aber was genau bedeutet dieser Wert – und warum werden manchmal gleich zwei pH-Werte gemessen?

Was misst der pH-Wert?

Der pH-Wert beschreibt, wie sauer oder basisch ein Blutwert ist. In der Geburtshilfe ist er ein entscheidender Parameter, weil eine unzureichende Sauerstoffversorgung zu einer Azidose (Übersäuerung) führen kann.

  • Normalbereich im Blut: ca. 7,35–7,45
  • pH < 7,20: Grenzwert – mögliche Sauerstoffunterversorgung wird genauer untersucht.
  • pH < 7,00: deutet auf eine schwere Azidose hin und erfordert ärztliche Maßnahmen und engmaschige Überwachung.

Woher kommt das Blut – Arterie und Vene?

In der Nabelschnur befinden sich zwei Arterien und eine Vene, aus denen Blutproben entnommen werden können.

Nabelschnurarterie

  • Transportiert sauerstoffarmes Blut vom Kind zur Plazenta.
  • Gibt Aufschluss darüber, wie es dem Baby am Ende der Geburt ging.
  • Ihr pH-Wert zeigt, wie stark das Kind unter Geburtsstress stand.

Nabelschnurvene

  • Führt sauerstoffreiches Blut von der Plazenta zum Kind.
  • Spiegelt die Effizienz der Plazentaversorgung wider.

Warum beide Werte?
Einige Kliniken messen aus Arterie und Vene, um ein klareres Bild zu bekommen. Eine große Differenz zwischen beiden Werten kann auf Probleme beim Gasaustausch hindeuten.

Der Base Excess (BE) – Ergänzung zum pH-Wert

Zusätzlich zum pH-Wert wird oft auch der Base Excess (BE) bestimmt. Er gibt an, wie stark das Blut des Babys von seinem normalen Säure-Basen-Gleichgewicht abweicht.

Was misst der BE?

  • BE zeigt, wie viel Base (Basenüberschuss oder -mangel) nötig wäre, um das Blut wieder auf einen normalen pH-Wert (7,35) zu bringen.
  • Er beschreibt den metabolischen Anteil einer Azidose (während der pH-Wert auch durch Atmungseinflüsse schwanken kann).

Richtwerte (arterielles Blut):

BE-WertInterpretation
–2 bis –5 mmol/LNormalbereich
–6 bis –12 mmol/LMäßige metabolische Azidose
≤ –12 mmol/LSchwere Azidose – erhöhtes Risiko für Sauerstoffmangel

Aussagekraft:
Der BE ist besonders hilfreich, wenn der pH-Wert alleine nicht eindeutig ist.
Die Kombination von pH < 7,00 und BE ≤ –12 mmol/L ist laut Leitlinie ein Hinweis auf eine schwere Sauerstoffunterversorgung, bei der oft zusätzliche Maßnahmen (z. B. Überwachung auf der Neonatologie) erforderlich sind.

Welche Werte sind normal? Was ist kritisch?

pH-Wert (arteriell)Bedeutung
> 7,20Normal
7,10 – 7,19Grenzwertig – engmaschige Beobachtung
< 7,10Mäßige bis schwere Azidose
< 7,00Schwere Azidose – dringende medizinische Maßnahmen

Hinweis: Ein einzelner niedriger pH- oder BE-Wert bedeutet nicht automatisch eine bleibende Schädigung. Wichtig ist das Zusammenspiel mit APGAR-Werten und dem klinischen Zustand des Babys.

Wann und wie wird die pH- und BE-Messung durchgeführt?

  • Zeitfenster: Die Proben sollten innerhalb von 30 Minuten nach der Geburt entnommen werden, bevor sich Werte verfälschen.
  • Durchführung: Die Blutgasanalyse erfolgt aus der frisch durchtrennten Nabelschnur (Arterie und ggf. Vene).
  • Kontrollmessung: Liegt der erste arterielle pH-Wert unter 7,20 (besonders < 7,15), wird oft eine zweite Probe entnommen – ebenfalls innerhalb von 30 Minuten.

Wann sind die Werte besonders relevant?

  • APGAR-Score < 7 nach 5 Minuten
  • Notkaiserschnitt oder operative Geburt
  • Wiederbelebungsmaßnahmen am Neugeborenen
  • Verdächtiges CTG oder Plazentaprobleme
  • Medizinisch-rechtliche Dokumentation bei schwierigen Verläufen

Welche Maßnahmen können folgen?

  • pH > 7,20 und BE unauffällig: Normale Überwachung.
  • pH 7,00–7,20 oder BE –6 bis –12: Intensivere Überwachung (Temperatur, Blutzucker).
  • pH < 7,00 oder BE ≤ –12: Aufnahme auf Neonatologie, ggf. Beatmung, Infusionen, neurologisches Monitoring.

🧾 Glossar – Wichtige Begriffe einfach erklärt

BegriffErklärung
AzidoseÜbersäuerung des Blutes (pH < 7,35).
Base Excess (BE)Maß für den Basenüberschuss oder -mangel, zeigt Stoffwechselbelastung.
HypoxieSauerstoffmangel im Blut.
NabelschnurarterieFührt sauerstoffarmes Blut vom Baby zur Plazenta.
NabelschnurveneFührt sauerstoffreiches Blut von der Plazenta zum Baby.
EmpirischAus Erfahrung und Beobachtung abgeleitet, nicht nur theoretisch.
NeonatologieStation für die medizinische Versorgung von Neugeborenen.

Zusammengefasst

pH-Wert und BE sind gemeinsam wichtige Instrumente der ersten medizinischen Beurteilung nach der Geburt. Während der pH-Wert zeigt, wie sauer das Blut ist, verrät der BE, wie stark der Stoffwechsel unter Stress stand. Zusammen mit dem APGAR-Score helfen diese Werte, frühzeitig zu erkennen, ob das Neugeborene zusätzliche Unterstützung benötigt.

📌 Schau auch in meinem Artikel „APGAR‑Score – Erste Einschätzung nach der Geburt“, um zu erfahren, wie beide Werte zusammenwirken und was sie für das Neugeborene bedeuten.